"Mühle am Stein": Wie Steinmühle zu seinem Namen kam

Der folgende Beitrag aus „Der Neue Tag“ stammt von Ulla Baumer, er erschien am 4. August 1994. Die Autorin hat uns freundlicher- und dankenswerterweise erlaubt, den Artikel in unsere Ortschronik aufzunehmen. Er wird hier wortgetreu wiedergegeben, die Zeitangaben beziehen sich mithin auf das Jahr 1994. Die drei den damaligen Artikel  illustrierenden Fotos zur Lage des Bauernhofs an der Wondreb, zum Wasserrad und zum „alten deutschen Gang“, dem traditionell mit „Mühlensteinen“ arbeitenden Zerkleinerungsmechanismus, standen uns leider nicht mehr zur Verfügung.  Die Fotos aus dem Jahr 2023 sowie die Skizze von den Mühlengräben sind von mir ergänzt.  Dankenswerterweise hat uns Herr Werner Männer Fotos zur Mühle und Herrn Johann Mayer zur Verfügung gestellt. Sie sind bei einem Besuch des Arbeitskreises Heimatpflege Mitterteich in der Mühle entstanden, bei dem Johann Mayer auch Technik und Arbeitsweise der funktionsfähigen Mühle erläuterte.

Friedrich Wölfl (2024)

730 Jahre lieferte die alte „Mühle am Stein“ Tag für Tag wertvolles Mehl

Wenn´s Wasserrad läuft, kommt Leben ins Haus

STEINMÜHLE – Woher hat die Ortschaft Steinmühle ihren Namen? Dies ist nicht schwer zu erraten. In dem kleinen Dorf muß es einmal eine Mühle gegeben haben. Was aber viele Landkreisbewohner nicht wissen werden: Diese alte Mühle gibt es noch – und sie ist sogar noch voll funktionsfähig. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die „Alte Mühle am Stein“ schon im Jahre 1246. Damals war sie wie so viele handwerkliche Einrichtungen im Landkreis im Besitz des Klosters. Seit 250 Jahren gehört die Steinmühle nun der Familie Mayer.

Schon der Ur-Ur-Großvater des jetzigen Besitzers Johann Mayer hat dort für die Bauern und Bäcker der Umgebung täglich das damals so wertvolle Mehl gemahlen. Die Familie Mayer hat das Anwesen nach und nach erweitert. Inzwischen ist ein ansehnlicher Bauernhof daraus geworden, der idyllisch in das Wondrebtal eingebettet ist.

Wenn Johann Mayer den Schott des Mühlengrabens öffnet, beginnt das in einem kleinen Holzhäuschen versteckte. große Wasserrad sich gemächlich zu drehen. Gespeist wird das Rad vom Wondrebwasser. Ein tiefer, abgezweigter Graben bringt genug Wasser, um die große Mühle in Gang zu setzen. Daß wirklich alles noch perfekt in Schuß ist, zeigt ein Blick ins Innere des Mühlengebäudes.  Sobald das Wasserrad läuft, beginnt die dreistöckige Mühle     zu leben. Überall rummelt und rüttelt es, ein betriebsamer Lärm erfüllt das ganze Gebäude.

In dem Anbau drehte sich jahrhundertelang das große Wasserrad, das die Mahlwerke betrieb. Johann Mayer hatte es eigenhändig erneuert. Die folgende Skizze aus einem Handriss der Bundesbahndirektion Regensburg aus dem Jahr 1965 der Gemarkung Pleußen (Riß Nr. 279) zeigt den Dreiseithof mit dem Vorbau für das Wasserrad an der Wondreb. Der Bach wurde – vermutlich schon zur Entstehungszeit der Mühle – an der Rechtsbiegung bachabwärts in mehreren Gräben ab- bzw. dem Wasserrad zugeleitet, so dass die Regulierung des Wasserstands am Wasserrad über Absperr-Schotts leicht möglich war. Die Skizze zeigt auch, dass die Straße nach Pleußen ursprünglich gleich nach dem Hof eine scharfe Linkskurve machte und dann erst in Richtung Bahnüberführung halbrechts abbog. Im Jahr 1958 wurde die Straße auf die heutige Trasse verlegt, evtl. war sie in der Skizze noch nicht korrigiert, weil sie noch nicht amtlich neu vermessen war.  

In der Mühle fühlt man sich viele Jahrhunderte zurückversetzt. Alles ist aus Holz gebaut, die alten Steinmauern des Hauses erzählen von einer langen Tradition. Alte Holztreppen führen bis in den Dachstuhl der Mühle, wo das Getreide zuerst einmal in einem „Plansichter“ sortiert wird. Die Steinmühle ist eine kombinierte Roggen- und Weizenmühle. Doch auch andere Getreidesorten können dort gemahlen werden. In einer der Anlagen kann zum Beispiel auch Weizengries hergestellt werden.

Vom Dachstuhl geht´s über verschiedene Röhren weiter in die großen Mahlwerke. Vier Walzenstühle übernehmen dort die „Feinarbeit“. Die groben, sauber sortierten Körner werden nun zu reinem, feinen Mehl verarbeitet. Neben den modernen Mahlwerken besitzt Johann Mayer auch noch einen „alten deutschen Gang“. Diese Steinmühle arbeitet noch mit richtigen „Mühlsteinen“, die auch jetzt noch bei den kleinen Handmühlen für den privaten Verbrauch als die Qualitativ besten Mahlwerke gelten.

Im unteren Stockwerk sind die Schütten für das fertige Mehl. Ein großer hölzerner Trog erinnert an die Geschichte der beiden bösen Buben „Max und Moritz“, deren Schicksal in genau dem gleichen Behältnis besiegelt wurde. Die alte Steinmühle gleicht einem historischen Museum, eine Jahrhunderte alte Geschichte der Müllerzunft wird dort erzählt. Pro Tag gingen aus der alten Steinmühle zwei Tonnen Mehl an die Abnehmer. 95 Prozent davon wurde für die Bäcker der Umgebung gemahlen. Noch während des Krieges lief die Mühle Tag und Nacht. Damals war das Brot noch das wertvollste Nahrungsmittel überhaupt. Die „Mühle am Stein“ war die einzige Mühle im ganzen Umkreis und heute gibt es nur noch im Raum Nabburg eine vergleichbare Mühle.

Noch vor zehn Jahren hat der jetzt 68jährige Johann Mayer in seiner Mühle gearbeitet. Er ist gelernter Müllermeister und betrieb dieses Handwerk lange Jahre als Vollerwerb. „Ich machte meine Ausbildung während des Krieges und hatte große Schwierigkeiten mit dem Lehrvertrag. 1942 wurde ich nicht angenommen. Damals hatten nur Parteimitglieder eine Chance. 1953 konnte ich endlich die Meisterprüfung machen. Doch nun rentiert sich die Mühle nicht mehr“, erzählt der gelernte Müller.

Nun setzt er seine Mühle nur noch ab und zu für den Eigenbedarf in Betrieb, doch auch dies nur noch ganz selten. Der Aufwand ist einfach zu groß, denn schon alleine das Durchputzen der Mühle nach dem Mahlen dauert einen ganzen Tag. „Früher war die Mühle unsere Existenz, doch nun wird leider immer mehr Fleisch gegessen, das Brot ist nicht mehr so wichtig. Unser Hof war der größte im ganzen Umkreis. Doch mein Sohn kann nun auch nicht mehr von der Landwirtschaft leben“, sagt der geborene Steinmühler.

739 Jahre lang lief die „Mühle am Stein“, seit zehn Jahren steht das Wasserrad nun still. Niemand will mehr sein Mehl in der alten Mühle mahlen lassen, alle kaufen das billigere Mehl von Großanbietern. Johann Mayer will nun seine Mühle wenigstens für die Stromerzeugung nutzen und hat einen Antrag ans Landratsamt zum Umbau gestellt. Das alte Wasserrad würde dann von einer Turbine ersetzt, und Mayer könnte sein Anwesen so mit eigenem Strom versorgen. Das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt haben seine Mühle schon besichtigt und sind einverstanden mit dem Umbau. Doch die Naturschutzbehörde hat Bedenken angemeldet. Um der Wondreb nicht zu viel Wasser zu entziehen, muß eine Restwassermenge übrig bleiben. Bei gutem Wasserstand laufen durch die Mühle 1 800 Liter pro Sekunde. Doch in trockenen Sommern sinkt das Wasser teilweise auf 400 Liter. Johann Mayer wird nur umbauen, wenn sich die Sache auch rentiert. „Falls die Auflagen von der Naturschutzbehörde zu groß sind, werde ich nichts machen“, sagt Mayer etwas resigniert. „Und ob ich alle Auflagen auch erfüllen kann, ist noch gar nicht so sicher.“ Er hat nicht mit Schwierigkeiten gerechnet, da er doch mit dem Strom auch zur alternativen Energiegewinnung beitragen würde.

Vorerst steht nun aber alles still in der alten Mühle am Stein. Nach einer langen Tradition hat sie ausgedient.                                                                                         

Ulla Baumer

Einblick in die Mühle

Die folgenden Fotos stammen von Herrn Werner Männer. Sie zeigen den Schott zur Wasserregulierung und Einzelheiten zum Mahlgang sowie das Wasserrad. Herr Johann Mayer erläuterte dazu die technischen Vorgänge beim Mahlen.


Beitrag herunterladen

Download